Pflege jenseits des Tellerrands

Auslandspraktika haben am Institut für Pflegewissenschaft und -praxis einen hohen Stellenwert. Sie erweitern den Horizont, stärken interkulturelle und persönliche Kompetenzen und generieren nicht zuletzt neues Wissen. Unseren Studierenden steht in dieser Hinsicht die ganze Welt offen. Hier berichten sie über ihre Erfahrungen, länderspezifische Unterschiede und den Wert eines "Blicks über den Tellerrand".

Dem Institut für Pflegewissenschaft und -praxis ist die Internationalisierung von Beginn an ein großes Anliegen. Daher sind in jedem Bachelorcurriculum Auslandspraktika in das Studium integriert. Als Unterstützung für die Vorbereitungen rund um das Auslandspraktikum gab es am Institut eine eigene Stelle, die sich im Laufe der Jahre zum International Office der Universität entwickelte.

Für die Studierenden ist es obligat, im Rahmen ihres Studiums ein Auslandspraktikum zu absolvieren. Ziel dieser Erfahrung ist es, den Horizont zu erweitern, interkulturelle sowie persönliche Kompetenzen zu stärken, das Selbstbewusstsein zu fördern und neues Wissen zu generieren. Natürlich dient es auch dazu, neue und interessante Netzwerke aufzubauen.

Seit 2010 steht den Studierenden am Institut die ganze Welt offen. Dabei übernehmen sie die Organisation der Praktika weitgehend selbst, unser International Office begleitet sie dabei. Ob Sonne, Strand und Meer, die Kultur, Sprache oder Entfernung: die Auswahlkriterien für die Traumdestination sind vielfältig. Wichtig ist jedoch, dass die ausgewählte Einrichtung ebenfalls Ausbildungen im tertiären Bereich anbietet. Denn der größte Benefit eines solchen Praktikums liegt in einer Kombination aus Vorlesungen und praktischen Erfahrungen im (internationalen) Pflegealltag.  Es muss aber nicht immer das exotische Thailand sein. Häufig fällt die Wahl auch auf unser Nachbarland Deutschland, mit immer wieder interessanten Ergebnissen zu Unterschieden des hiesigen Gesundheitssystems.

Für die Studierenden unseres Bachelorstudiums Pflegewissenschaft 2in1-Modell  Bayern* galt umgekehrt , dass sie eine Organisation in Österreich wählen konnten. Auch wenn anfangs viel organisatorischer und finanzieller Aufwand für den Auslandsaufenthalt bewältigt werden musste, so zeigt sich rückblickend eine Vielfalt an gewonnenen Erfahrungen, Erkenntnissen und „Aha-Erlebnissen“. Einige der nunmehrigen Absolvent*innen berichten über ihre Eindrücke, die sie in Österreich, Dänemark, Kroatien und Thailand gesammelt haben:

Dänemark

„Am Interessantesten war es zu sehen, welche Vorteile und Nachteile eine konsequente Professionalisierung der Pflege in Dänemark hervorgebracht hat. Nachhaltig prägend war die Aussage einer Pflegedienstleitung vor Ort, dass sich Deutschland aktuell auf einem Stand wie Dänemark vor 40 Jahren befinde!“  (Andreas)

„Ich war über die Gastfreundschaft der Kolleginnen und Kollegen aus Dänemark erfreut, denn sie waren stets bemüht uns ein gutes Programm für unseren Aufenthalt zu erstellen. Neben dem Besuch an der Universität und der Teilhabe am Unterricht, konnten wir uns einen großen Überblick über den Stationsalltag der orthopädischen Station verschaffen.“ (Anika)

„Für mich war das Auslandspraktikum in Dänemark allgemein eine sehr gute Erfahrung. Vor allem aus unserer Sicht als Neulinge und gleichzeitig Studenten bzw. Studentinnen in der Pflege war es sehr interessant zu sehen, wie die Pflegeausbildung in Form eines Studiums ablaufen kann, wenn dieses bereits fest etabliert ist.“ (Nele)

„Sehr positiv in Erinnerung behalten habe ich die ausgezeichnete Betreuung durch unsere Koordinatorin an der UC SYD Birthe und ebenso durch die anderen AnsprechpartnerInnen der Klinik. Alle sind speziell auf unsere Interessen und Wünsche eingegangen und haben daraufhin sogar unseren angefertigten Stundenplan adaptiert. Vielen Dank hierfür erneut an dieser Stelle!“ (Lena)

Fast Facts Dänemark

  • Population: ca. 5,8 Millionen Einwohner*innen
  • Gesundheitssystem: Beveridge-Modell - Finanzierung primär durch Steuern
  • Krankenhaussituation: vier Hauptkrankenhäuser auf Hauptregionen Dänemarks verteilt
  • Gastinstitution: Krankenhaus: Sygehus Sønderjylland, Aabenraa
  • Gastuniversität: University College South Denmark in Aabenraa
  • 15 Pflegekräfte pro 1.000 Einwohner*innen

 

Österreich

„Das Beste an Graz war die Gastfreundschaft und die tolle Aufnahme an der FH Joanneum. So begrüßte uns am ersten Tag das gesamte Lehrerkollegium an der FH. Auch die Studierenden standen uns immer mit Rat und Tat zur Seite.“ (Anne)

„Die beste Erfahrung, die ich in Graz gemacht habe, ist wohl, dass dort innerhalb des Curriculums Simulationen verankert sind. Hierbei werden durch eine Kleingruppe der Studierenden bestimmte Situationen simuliert, welche im Anschluss im Plenum reflektiert und diskutiert werden.“ (Ann-Katrin)

 „Ich fand einfach cool, dass die FH direkt auf dem LKH-Gelände war und man mehrfach mit in die Praxis genommen wurde. Die Simulationen waren sowieso cool. Und es war auch unglaublich praktisch, dass die Öffis direkt in der Nähe waren, nur der lange Berg war … weniger schön.“ (Hanna)

Fast Facts – Österreich

  • Gesundheitssystem:  solidarisches Sozialversicherungssystem / Bismarck-Modell
  • Akutbetten/100.000Einwohner: 546
  • Novelle Krankenpflegegesetz 2016: Ausbildung erfolgt akademisch
  • Bevölkerungszahl: ca. 8,8 Mio Einwohner*innen

 

Thailand

„Thailand, das „Land des Lächelns“ ist für seine Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft bekannt. So wurden wir zu Beginn unseres Aufenthaltes freundlich und mit einem traditionellen thailändischen 10-Gänge-Menü begrüßt.  Thailand hat eine Einwohnerzahl von ca. 67,79 Millionen Einwohnern. Besonders verdeutlicht wurde uns das dort vorherrschende System der Kontraste bezüglich der Gesundheitsversorgung. Während die staatlichen Krankenhäuser verarmen und rote Zahlen schreiben, profitieren die Privatkliniken vom wachsenden Medizintourismus. Die Ausbildung im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege findet auf tertiärem Niveau statt und beinhaltet, wie bei uns, praktische sowie theoretische Phasen. Beeindruckend ist, dass den Studierenden in den praktischen Phasen zu jeder Zeit Dozenten/-innen der Universität zur Seite stehen und die Gruppe im Praxisalltag begleiten.“ (Henriette, Selina, Simone, Teresa)

Fast Facts – Thailand:

  • Vor 1990 kein Sozialversicherungssystem
  • 2002: Einführung des „Universal Coverage Scheme“ bzw. „30 - Baht – Versicherung“ 
  • Beveridge – Modell: steuerfinanziertes Gesundheitssystem
  • Extremer Kontrast zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung
  • Jede 5. Person hat keinen Versicherungsschutz aufgrund der fehlenden Aufklärung und Information durch den Staat
  • Pro 100.000 Einwohner stehen 34 Ärzt*innen zur Verfügung und 210 Krankenhausbetten (davon sind 171 öffentlich)

 

Kroatien:

„Die Erfahrung war sehr interessant, da es viele Unterschiede zu Deutschland gibt. Die Pflege ist noch nicht so weit wie in Deutschland, obwohl das Studium schon länger angeboten wird. Der Unterschied zwischen akademisierten und schulisch ausgebildeten Pflegekräften war auf Station sehr spürbar. Das Erste was aufgefallen ist, waren die unterschiedlichen Farben der Dienstkleidung und das Zweite war die Aufgabeneinteilung. Schulisch ausgebildete Pflegekräfte haben die ganze Arbeit auf Station gemacht und die akademisierte Pflegekraft hat „nur“ mit den ÄrztInnen die Visite gemacht. Die Notwendigkeit einer adäquaten Einbindung beider Gruppen ist meiner Meinung nach sehr wichtig und würde das Arbeitsklima sehr verbessern.“  (Tina)

Fast Facts Kroatien:

  • Einwohner*innen: 4,09 Mio.
  • alle Einwohner*innen sind gesetzlich versichert - Gesetzliche Einheitskrankenkasse seit 1993
  • der Krankenkassenbeitrag liegt bei 15% des Einkommens
  • 350 Akutbetten pro 100.000 Einwohner*in
  • Ausbildung an Sekundärschulen hat eine Dauer von 4 Jahren (medizinische Mittelschule)
  • Ein Pflegestudium ist nicht verpflichtend; wird aber seit 1996 angeboten

 

 

Quellen und Literatur sind bei den Verfasser*innen einsehbar.

Lesen Sie dazu auch: Internationalization of nursing education programs through academic partnerships.

*Das Studium wird aufgrund einer Gesetzesänderung in Deutschland nicht mehr angeboten und ab Herbst 2021 durch den Bachelorstudiengang Pflegeimpact ersetzt.

Susanna Holzer, MHPE

Susanna Holzer hat die stellvertretende Leitung der Universitätslehrgänge am Institut für Pflegewissenschaft und -praxis inne. Neben ihrem ursprünglichen Beruf im Bereich der Pflege hat sie ein Studium für Hochschuldidaktik für Gesundheitsberurfe absolviert und lässt in ihren Funktionen auch ihren psychologischen / therapeutischen Background einfließen. 

Carola Walter, MScN, Dipl. Pflegepäd. (FH)

Carola Walter ist examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin sowie diplomierte Pflegepädagogin. Aktuell ist sie in der Weiterentwicklung der Bachelorstudiengänge am Institut und im Forschungsprojekt "HAIP" - Hygienemanagement in der außerklinischen Intensivpflege" tätig.