Der Exekutivausschuss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte Anfang Februar die 2020er-Jahre zum Jahrzehnt des gesunden Alterns. In seiner Erklärung zum gesunden Altern betont das International Council of Nurses (ICN) die Schlüsselrolle von Pflegerinnen und Pflegern in der integrierten personenzentrierten Gesundheitsversorgung für ältere Menschen. Die Betreuung in Communities soll durch die Vorbeugung von Krankheiten, durch Fürsorge und Behandlung sowie durch ein gutes Symptommanagement im Netzwerk mit psychologischer, sozialer und spiritueller Unterstützung bewältigt werden. Auch in Österreich ist der Einsatz von Community Nurses geplant. Dabei wird man sich alarmierenden Prognosen und überholten Rollenbildern stellen müssen.
Alarmierende Prognosen. Wie sehen die Voraussetzungen für gesundes Altern aus und was bedeuten diese für die Pflege? Das Wachstum der Bevölkerungsgruppe im Alter von über 65 Jahren ist dramatisch: mit einer beispiellosen Rate von 8,5 Prozent weltweit, die bis 2050 auf fast 17 Prozent der Weltbevölkerung ansteigen soll. Darüber hinaus prognostizierte eine kürzlich in England durchgeführte Simulationspraxis mit dem Titel PASCim einen Anstieg der Multimorbidität bis 2035, was auf vier und mehr Krankheiten bei älteren Menschen hindeutet, von denen zwei Drittel psychische Erkrankungen wie Demenz, Depression oder kognitive Beeinträchtigungen sein werden. Multimorbidität wird auch mit sozialen Beeinträchtigungen wie Isolation und Einsamkeit und/oder hoher wirtschaftlicher Belastung verbunden sein, was zu Armut mit unerträglichen Folgen für das soziale und familiäre Leben führen kann. Dementsprechend schlagen die Richtlinien der WHO für die integrierte Versorgung älterer Menschen (ICOPE) vor, dass die Fachkräfte des Gesundheitswesens durch eine angemessene Gesundheitsversorgung der älteren Generation in städtischen und ländlichen Gebieten die körperlichen und geistigen Gesundheitskapazitäten älterer Menschen unterstützen sollen.
Überholte Rollenbilder. Dieses Jahr feiern wir das Weltjahr der Pfleger/innen und Hebammen – und dies ist äußerst begrüßenswert. Allerdings bedeutet Bewusstseinsbildung noch keine Verhaltensänderung. Eine neulich von Forschern der Oxford Brookes University veröffentlichte Studie argumentiert, dass „die altmodische Ansicht, dass die Fürsorge für andere Menschen eine weibliche Eigenschaft ist, immer noch fortbesteht". Dr. Anne Laure Humbert, Direktorin des Centre for Diversity Policy Research and Practice an der Oxford Brookes University sagt: „Trotz der wachsenden Komplexität und des technischen Charakters der Arbeit sowie der schwierigen emotionalen Arbeit, die sie mit sich bringt, bleibt die ,altmodische´ Auffassung bestehen, dass die Pflege eine Arbeit ist, die von Frauen ausgeübt wird, weil für sie die Pflege 'natürlich' ist. Dadurch werden die Betroffenen entmündigt und abgewertet. Obwohl die Pflegerinnen und Pfleger heute routinemäßig Aufgaben übernehmen, die früher den Ärzten vorbehalten waren, und ständig Fortschritte in der Pflegepraxis vorantreiben, spiegelt ihre Bezahlung und das Berufsbild dies nicht wieder.“
Zukunftsfit durch akademische Ausbildung. Die Pflege der Zukunft ist – auch in Österreich und Deutschland – ein Beruf mit Hochschulabschluss. Alle neuen Pflegerinnen und Pfleger müssen ein Studium durchlaufen, eine Tatsache, die auf die hohen technischen und klinischen Fähigkeiten hinweist, die für diese Arbeit erforderlich sind. Das Institut für Pflegewissenschaft und -praxis der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität bildet schon seit einigen Jahren „Advanced Nurse Practitioners“ mit Masterabschluss aus. Aufgrund ihres Kompetenzen-Spektrums können sie die komplexen Aufgaben von Community Nurses übernehmen – aber nur unter der Voraussetzung, dass ihre Arbeit nicht als ein schlecht bezahlter Frauenjob angesehen wird.
Quellen:
WHO (2020) Aging and Life-Course, 10 Priorities for a Decade of Action on Healthy Ageing, Available from: www.who.int/ageing/10-priorities/en/
World’s older population grows dramatically. NIH-funded Census Bureau report offers details of global aging phenomenon. 2016. Available from: www.nih.gov/news-events/news-releases/worlds-older-population-grows-dramatically.
Kingston, A., et al. Projections of multi-morbidity in the older population in England to 2035: estimates from the Population Ageing and Care Simulation (PACSim) model. Age and Ageing, 2018, 47, 374-380.
World Health Organization (WHO). WHO Guidelines on Integrated Care for Older People (ICOPE), 2017. Available from: www.who.int/ageing/publications/guidelines-icope/en/
Nurses are undervalued because they are mostly women (2020), Available from: www.rcn.org.uk/news-and-events/news/uk-nurses-are-undervalued-because-they-are-mostly-women-new-study-finds-290120