2020 - Weltjahr der Pflege

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nimmt den 200. Geburtstag von Florence Nightingale zum Anlass, um dieses zum "Jahr der Pflegenden und Hebammen" auszurufen. Aber reicht ein Jahr aus, um das Profil der Pflege zu schärfen und ihre gesellschaftliche Bedeutung hervorzuheben?

Im Fokus steht ein 10-Jahres-Plan zur gesundheitlichen Versorgung der europäischen Bevölkerung. Für Österreich wirkt das Institut für Pflegewissenschaft und -praxis der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) in Salzburg bei diesem globalen Vorhaben mit – dieses ist bereits seit 2016 ein Collaborating Centre der WHO (WHO CC).

Pflegethemen vor den Vorhang! Das 20. Jahrhundert war ohne Frage das Jahrhundert der medizinischen Errungenschaften, auch wenn in den letzten Jahren eher der Ärztemangel, Strukturproblematiken oder Ausbildungsschwächen in den Vordergrund der Diskussion rückten. Nun treten "Pflegethemen" spürbar in den Vordergrund – und Institutsvorstand Prof. Jürgen Osterbrink prognostiziert: Das 21. Jahrhundert wird das Jahrhundert der Pflege! Denn Pflege bzw. vielmehr Pflegebedürftigkeit betrifft uns alle quer durch alle sozialen Schichten, unabhängig von Alter, Status und Bildung. Und dies wird aufgrund des demographischen Wandels und mit Zunahme chronischer Erkrankungen bedeutsam.

Professionelle Pflege ist eine komplexe gesellschaftliche Aufgabe, die es zu erfüllen gilt. Was braucht es dazu?

1. Eine bürgernahe Pflege, sowohl in der Stadt als auch am Land. Pflege orientiert sich an den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen, koordiniert die Vernetzung ambulanter und stationärer Einrichtungen und bindet alle Involvierten, vom Angehörigen bis zum Nachbarn, ein. Ziel ist die bestmögliche Pflege, Betreuung und individuelle Beratung. Ressourcen sollen in optimaler Weise genutzt werden, damit kein Patient mehr sagen muss: "Es wurde viel für mich gemacht, ich wurde aber nicht gemeint."

2. Eine strukturübergreifende Pflege, die uns unsere ganze Lebensspanne begleitet: von der Prävention, Gesundheitsförderung, Rehabilitation bis hin zur Begleitung am Lebensende. Das alles umfasst Pflege, vom Ungeborenen bis zum hochbetagten Menschen.

3. Eine universitäre Pflege, die aufgrund des Komplexitätszuwachses die Versorgungsstrukturen (neu) ausrichtet und lenkt. Je komplexer und anspruchsvoller eine Aufgabe ist, desto notwendiger ist die Entwicklung von Spezialisierungen, die zum Gelingen des Ganzen beitragen und durch ihre Arbeit, ihr Wissen und Können Einfluss auf die weitere Entwicklung haben. Neue Strukturen bedingen neue Handlungsfelder, neue Handlungsfelder bedingen neue Qualifikationen.

Um nun die oben gestellte Frage zu beantworten: Nein, ein Jahr reicht nicht aus, um alle gesetzten Ziele zu erreichen. Aber jetzt gilt es, diese strukturiert und wohlüberlegt anzugehen. Dies muss ohne berufspolitisches Geplänkel erfolgen, denn dazu ist das gesundheitliche Wohl der Bürger ein zu hohes Gut.

Univ. Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Osterbrink

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Osterbrink ist seit 2007 Lehrstuhlinhaber und Vorstand des Instituts für Pflegewissenschaft und -praxis der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg. Als WHO Collaborating Centre for Nursing Research and Education stärken wir Bildung und Training im Bereich Palliative Care sowie evidenzbasierte Aktivitäten in ambulanten wie Langzeit-Pflegeeinrichtungen, besonders durch Umsetzung von Digital Health Projekten und deren Implementierung. Osterbrink ist darüber hinaus seit 2003 Professor of Nursing an der University of North Florida, Jacksonville/USA und als Mitglied des ICN-Boards of Directors (International Council of Nursing) in ein wichtiges internationales Entscheidungsgremium eingebunden.